Henryk Oskar Kolberg
(1814-1890), Ethnograph, Ethnologe, Komponist.
Er wurde am 22. Februar 1814 in Przysucha bei Radom geboren. Seine Eltern waren Christoph Julius Heinrich (1776-1831) und Karolina Fryderyka Henrietta Kolberg, geb. Mercoeur. In seinen späteren Lebensjahren rechtfertigte Oskar Kolberg die deutschen Wurzeln seiner Familie: „Die Deutschen wollen aus mir unbedingt einen Deutschen machen. Ich habe ihnen jedoch bewiesen, dass meine Familie aus Pommern stammt (das alte lechitische Pomorze), also hat auch der Nachname eine Verbindung mit dem slawischen Namen des pommerschen Kolberg (Kołobrzeg).” Ähnlich verteidigte er auch die polnische Identität seiner Mutter, die – obwohl ihr Vater Franzose war (Gottfried von Arnim) – sich bemühte, die Kinder nach polnischer Tradition zu erziehen. Oskar Kolberg besaß von klein auf ein großes musikalisches Talent. Ab 1824 besuchte er das Warschauer Lyzeum, an dem auch zwei seiner Brüder und Frédéric Chopin Schüler waren. Als im Vorfeld des Novemberaufstandes das Lyzeum geschlossen wurde, bekam er eine Anstellung als Buchhändler in der Bank Samuel Antoni Fraenkels, dessen Betriebe einst sein Vater geleitet hatte. Seine musikalische Ausbildung unterbrach er jedoch nicht. Klavier und Komposition lernte er bei Józef Elsner. 1834 ging er nach Berlin, kehrte nach zwei Jahren nach Warschau zurück und bereiste Weißrussland, Litauen und Kurland. Auf diese Reise datiert man sein Interesse für Volkstümlichkeit und er begann, ethnographisches Material zu sammeln. 1841 reiste er erneut nach Berlin, um auf den früheren Arbeitsplatz in der Fraenkel-Bank zurückzukehren. In der Zeit lernte er Józef Konopke, Herausgeber eines Sammelbands von Volksliedern, kennen mit dem er sich anfreundete. Aus finanziellen Gründen konnte Kolberg seine gesammelten Volkslieder nicht herausgeben. 1844 verließ er die Bank und wechselte in die Verwaltung der Warschauer-Wiener-Eisenbahn an, wo er zwölf Jahre blieb. Nun konnte er die polnischen Volkslieder Pieśni ludu polskiego herausgeben. 1861 entschied er, seinen Lebensunterhalt von Klavierstunden und literarischen Arbeiten zu bestreiten. Als Pianist gab er einige kleine musikalische Werke heraus. Die meiste Zeit und Kraft verwendete er jedoch auf das Sammeln von folkloristischen Objekten. 1871 verließ er Warschau und ging nach Modlnica bei Krakau, um sich auf seine Hobbys zu konzentrieren. Er bereiste Polen, sammelte Materialien und ordnete sie im darauffolgenden Winter. 1884 bis zu seinem Tode lebte er in Krakau. Er war Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften in Russland, Warschau und Galizien. Seine Hauptwerke, die Bücher Lud (Volk) und Obrazy etnograficzne (Ethnographische Bilder), wurden in mehreren dutzend Bänden erst in den 1960er Jahren herausgegeben. Er verstarb am 3. Juni 1890 und wurde auf dem Rakowicki-Friedhof in Krakau beigesetzt.
[Quelle: Biogramm im Polski Słownik Biograficzny von Maria Turczynowiczowa]