Idee

 

 „Und wenn sich einer hier für längere Zeit einquartiert, wenn ihn die tiefen und feurigen Augen einer Polin bezaubern, dann wächst er oder sein Sohn erst recht in die polnische Gesellschaft hinein.”

Der deutsche Journalist Fritz Wernick 1876 über deutsche Ankömmlinge in Warschau 
 
 
 
 
 
 
Im Jahr 2007 rief Krzysztof Wittels bei der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit an, weil er eine Ausstellung über Warschauer organisieren wollte, deren Vorfahren aus dem Ausland– darunter aus Deutschland – stammten und sich polonisiert hatten. Zufällig nahm Tomasz Markiewicz das Gespräch an, der zu der Zeit über eine Ausstellung über die Leistungen der deutschen Gemeinschaft in Warschau nachdachte. Sie traten zudem an den Genealogen Tadeusz Władysław Świątek heran, der sich seit Jahren mit der Geschichte alter Warschauer Familien befasst, und luden ihn zur Zusammenarbeit ein. Vorher kannten sich die drei Herren gar nicht. Das waren die Anfänge einer Ausstellung, die drei Jahre später, an einem kalten Januarabend im Haus der Begegnung mit der Geschichte in Warschau feierlich eröffnet wurde. Sie traf auf ein lebhaftes Interesse und wurde später im Berliner Rathaus, im Kraszewski-Museum in Dresden sowie in der Warschauer evangelisch-augsburgischen Dreifaltigkeitskirche gezeigt. Im Juli 2012 fand die Buchvorstellung des zugehörigen Bildbandes statt, im November 2013 ging diese Internetseite online.
 
Das Projekt „Polen aus freier Wahl. Deutschstämmige Familien in Warschau im 19. und 20. Jahrhundert” hat Pionierarbeit geleistet. Den drei Ausstellungsmachern schwebte die Idee vor Augen, den außergewöhnlichen Beitrag von Migranten aus deutschen Ländern zum wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben Warschaus darzustellen. Denn anders als in vielen anderen polnischen Städten haben sich die Deutschen in Warschau meistens polonisiert, sie wurden zu Polen aus freier Wahl. Die deutschen Warschauer und ihre Nachkommen beteiligten sich aktiv am polnischen Unabhängigkeitskampf und anschließend an der Verteidigung des Landes. Doch wird der Ausdruck „Deutsche in Warschau“ heute eindeutig mit der Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg assoziiert. Es mag paradox erscheinen, dass sich die Mehrheit der deutschstämmigen Warschauer aktiv am Kampf mit den deutschen Besatzern beteiligte, wofür sie oder ihre Angehörigen oft mit ihrem Leben bezahlten.
 
Nach der politischen Wende 1989 ist es modern geworden, sich auf das multikulturelle Erbe Warschaus zu berufen. Zahlreiche Arbeiten und Präsentationen zur jüdischen Gemeinschaft, aber auch zu Russen und Armeniern sind entstanden. Der Anteil von Migranten aus deutschen Ländern an der Entwicklung der polnischen Hauptstadt wurde erstmals öffentlich vorgestellt. Maria Wydżga-Niklewiczowa, verwandt mit Karol Szlenkier, einem der Protagonisten dieser Ausstellung, schrieb in ihren Erinnerungen: „Diese Bürger wurden nicht zufällig zu Polen, sondern aus freier Wahl.” Diese freiwillige Assimilation trat in fast jeder Familie zu Tage und ist oft die zentrale Achse der Familiengeschichte. Der Titel der Ausstellung und des gesamten Projektes „Polen aus freier Wahl“ drängte sich nahezu auf. Dabei sollen die heute teilweise vergessenen Persönlichkeiten oder Familien, die aus den deutschen Ländern an die Weichsel gekommen waren, einem breiten Publikum in Erinnerung gerufen werden. In ihrem neuen Vaterland leisteten sie erstaunliches im Bereich von Wissenschaft und Kunst, Industrie und Handwerk sowie im gesellschaftlichen Leben. Darüber können Sie sich auf unserer Webseite www.polenausfreierwahl.de informieren.